Am Poller Rheinufer verhindern keine Mauer und kein Abgrund, dass sich Hund und Herrchen beim Spazierengehen nasse Füße holen.
Hier drängen sich keine Häuser ans Ufer, keine Menschenmassen schieben sich am Wasser entlang. Der Blick geht über weite Wiesen auf das Wasser - Rheinromantik pur.
Das Leben zwischen Südbrücke und Rodenkirchener Brücke ist auf dieser Seite des Flusses eng mit dem Strom verbunden. Auf einem vom
Bürgerverein Poll organisierten Spaziergang von der Rodenkirchener Brücke zur Maifischgasse erzählte der gebürtige Poller Paul Reucher von seinem Leben am Rheinufer.
Als Junge hat er den Bau der Rodenkirchener Brücke miterlebt. Schmunzelnd erzählte er von seiner "ganz persönlichen Einweihung"
der 1941 fertig gestellten Brücke: "Ich hab' die Brücke mit meinem Fahrrad überquert - am selben Tag, als Reichsminister Speer in Köln war, um sie feierlich einzuweihen."
Der Hobby-Historiker berichtete vom Fischfang, der bis Kriegsausbruch eine wichtige Einnahmequelle der Bevölkerung war: Wenn den Pollern mal wieder ein Stör in die Netze ging,
lauteten die Kölner Schlagzeilen: "In Poll ist wieder ein Stör gefangen worden, Besichtigung gegen Bezahlung."
Die nächste Station des Spaziergangs war der Campingplatz. Hier befand sich ab 1904 bis zum Kriegsausbruch eine Fischbraterei.
Paul Reucher erzählte, dass dort an Sonntagen Menschen aus ganz Köln zusammenströmen, um am Fluss zu sitzen und den leckeren Maifisch zu essen.
Er habe viele schöne Erinnerungen an das Leben am Strom, berichtete Reucher. In der Schwimmanstalt hat er schwimmen gelernt, wenn
in harten Wintern die Rheinufer zu froren, drehte er auf Schlittschuhen seine Runden. Die Teilnehmer des Spaziergangs waren mit Reucher einer
Meinung: Die Poller Wiesen sind ein Ort der Erholung. Sie zählten jedoch nur noch drei intakte Bänke zwischen Rodenkirchener und Südbrücke.
Manch einer wünschte sich mehr Freizeitangebote wie Spielplätze und Cafés.
"Es gibt aber auch Schlimmes zu berichten", erzählte der 74-jährige Reucher nachdenklich. Eines Tages im Jahre 1940 havarierte ein
Dampfschiff mitten auf dem Fluss. Zahllose Schaulustige standen an den Ufern. Plötzlich tauchte ein in Not geratenes zweimotoriges Flugzeug auf und
drehte auf der Suche nach einem Landeplatz eine Runde über den Köpfen der Menschen. Die Maschine stürzte in der Nähe des linken Ufers ins Wasser.
Alle Insassen und vermutlich auch einige Schaulustige kamen ums Leben. Bis heute hat Paul Reucher nicht herausfinden können, wer in der Maschine war und
wie viele Menschen bei dem Unglück gestorben sind.
Oktober 2004
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