Paul Reucher kann sich noch gut erinnern. Als kurz nach Ostern im Jahre 1954 der Grundstein zum ersten Haus der " Milchmädchen-Siedlung " gelegt wurde, war das "Poller Urgestein" auch schon vor Ort. Im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft "Poller Handel" und des Poller Bürgervereins führte der kundige Hobbyhistoriker, dessen Familie schon seit Generationen in Poll lebt, interessierte Bürger durch das nördliche Poll. Vom Poller Marktplatz verlief die Exkursion über den Rolshover Kirchweg und die Straße "An den Maien" wieder zurück zur Siegburger Straße. Schnell wurde deutlich, dass der Mann sein Viertel wie seine Westentasche kennt. Nahezu zu jedem Gebäude entlang des Weges wusste Reucher etwas zu berichten. Dabei unternahm der Heimatkundler immer wieder Streifzüge durch
verschiedene Epochen der rechts rheinischen Stadtgeschichte.
"Vor diesem Haus der Familie Hüllen werde ich immer an den zweiten Sonntag im Juli 1943 erinnert, als wir in der evangelischen Kapelle einen katholischen Gottesdienst feierten. Beide katholischen Kirchen waren ja bereits zerstört", so Reucher. "Dieses Haus wurde bei dem Bombenangriff von einer Brandbombe getroffen. Der 15-jährige Sohn Matthias kam dabei ums Leben",
erzählte der Zeitzeuge.
An einer anderen Stelle an der Straße "An den Rolshover Gärten" wusste Reucher zu berichten, dass dort bei Bauarbeitern im Jahr 1933 ein Frankengrab aus dem siebten Jahrhundert entdeckt wurde. Später habe man dort noch weitere Brand- und Skelettgräber entdeckt sowie verbrannte Pfahlbauten aus fränkischer Zeit gefunden. "Hier fand man die ersten Spuren, die wir von den Franken in dieser Gegend haben. Wahrscheinlich haben diese die Römer schon im vierten Jahrhundert aus den rechts rheinischen Gebieten vertrieben ", sagte Reucher.
Als sich die Führung auf der Siegburger Straße langsam ihrem Ende nähert, wies Reucher die Gruppe noch darauf hin, dass sie sich gerade auf Polls ältesten Weg oder Straße befanden. War diese schon früh als Chaussee mit Bäumen angelegt worden, wurde sie erst 1889 im Poller Bereich gepflastert. Die Kosten damals: 15 000 Reichsmark. Beim Straßenbahnbau 1909 wurden die schönen Bäume jedoch gefällt.
Oktober 2005
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