Rosen- und Gedenkgang zur Reichskristallnacht und Poller Mob, Rassismus sowie aktuell Antisemitismus und Gewalt
Das Netzwerk Poller Vereine und das Poller Heimatmuseum legten heute, 09. 11.2024 auf einem Erinnerungsgang wieder Rosen
auf "Stolpersteine" in Poll – beginnend bei den ersten Verwüstungen am Marktplatz und endend vor dem unter
Denkmalschutz stehenden vor dem Eckhaus Schenkspfad, in dem besonders gewütet wurde.
Der 09. November erinnert insbesondere an die Reichsprogrome gegen jüdische Mitbürger in der Reichskristallnacht 1938.
In Köln-Poll begannen am Spätnachmittag des 09.11.1938 „Jugendliche in HJ-Uniform“ (Hitlerjugend) laut Bericht des Zeitzeugen Hans Türk
(verstorben) auf der Siegburger Straße ihren Mob-Lauf durch Poll: „Vor der Haltestelle Poll sah ich bereits die Verwüstung bei dem Juden Scheye.
Jugendliche in HJ-Uniform zertrümmerten die Möbel und warfen diese auf den Hof. SA-Leute beaufsichtigten sie dabei. Neben dem Haus der Fam Scheye war damals ein Kiosk.
Der Sohn des Kioskbesitzers, der selber SA-Mann war, wollte die Zerstörung aufhalten, aber er wurde scharf angegriffen.
Nachdem dort alles zertrümmert war, machten sich die Unholde 30m weiter an den Geleisen der Hafenbahn die Taschen voll Steine und gingen die Salmstraße entlang zum Futtermittelhändler Marx.
Von dem Frisörgeschäft auf der gegenüberliegenden Seite der Straße warfen die mit den Steinen die Fensterscheiben ein. Bevor ich nun
nach Hause lief, sah ich noch den Zusteller vom Westdeutschen Beobachter kommen, sicher auch ein PG, dem war das auch zu viel, er wollte Einhalt gebieten, aber er wurde überstimmt.
"Polizisten sah man nirgends."
Einige drangen sogar in das Haus ein und einer warf sogar einen Puppenwagen durch ein Fenster von der ersten Etage auf die Straße, woraus später gerüchteweise ein Kinderwagen, z.T. sogar mit Kind wurde…
Obwohl später Mitglieder der Familie Marx ermordet wurden, besuchte ein Verwandter, Hermann Marx, nach dem Krieg noch einige Jahrzehnte lang Poll, weil die Juden in Poll auch viele Freunde hatten.
Um 10:00 Uhr am 09.11.2024 starteten Albert Ackermann, Werner Alt, Helmut Brosius, Hans Burgwinkel, Marlies Meurer, Willi Muyers mit
Tochter Silvia Fenzel sowie Christiane Wittich vom Netzwerk Poller Vereine die Erinnerungsaktion an den Stolpersteinen auf dem Poller Marktplatz, Siegburger Straße.
Auf dem Weg zum Haus der Familie Marx, Ecke Salmstraße / Schenkspfad, polierten sie Stolpersteine und legten je eine Rose nieder.
Außerdem erinnern sie in der Salmstraße an Rassismus gegen Aus- und Übersiedler sowie Jugoslawienflüchtlinge zwischen 1990 und 2012.
mit freundlichen Grüßen Hans Burgwinkel
Quelle: Gesehen, gehört, erzählt von Hans Burgwinke (Ortsgeschichte)
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